Von, Ärztin
Valeria Dahm
Valeria Dahm ist freie Autorin in der NetDoktor-Medizinredaktion. Sie studierte an der Technischen Universität München Medizin. Besonders wichtig ist ihr, dem neugierigen Leser Einblick in das spannende Themengebiet der Medizin zu geben und gleichzeitig inhaltlichen Anspruch zu wahren.
Mehr über die netDoktor-Experten
Alle netDoktor.de-Inhalte werden von medizinischen Fachjournalisten überprüft.
Die Kardioversion ist ein Verfahren in der Medizin, das man nutzt, wenn das Herz zu schnell schlägt. Damit werden tachykarde Herzrhythmusstörungen beendet und ein normaler Herzrhythmus (Sinusrhythmus) wird wiederhergestellt. Lesen Sie hier mehr über die Kardioversion, wie sie funktioniert und welche Risiken sie birgt.
Was ist eine Kardioversion?
Die Kardioversion kann den Sinusrhythmus bei tachykarden Herzrhythmusstörungen wieder herstellen. Sie wird als elektrische Kardioversion oder als medikamentöse Kardioversion durchgeführt.
Elektrische Kardioversion
Die elektrische Kardioversion wird in Notfällen – dann heißt sie Defibrillation – und als geplante Therapie (elektiv) durchgeführt. Sie ist meist effektiver als eine medikamentöse Kardioversion.
Mithilfe eines sogenannten Kardioverters beziehungsweise Defibrillators wird ein Stromimpuls an das Herz abgegeben, wodurch Störungen bei der Erregungsleitung und damit das zu schnelle Schlagen des Herzens unterbrochen werden sollen.
Der Herzmuskel zieht sich im Idealfall anschließend wieder geordnet zusammen (Kontraktion) und der normale Rhythmus (Sinusrhythmus) ist wiederhergestellt.
Medikamentöse Kardioversion
Die medikamentöse Kardioversion wird im Gegensatz zur elektrischen Kardioversion bei akuten Notfällen nicht regelhaft angewendet. Bestimmte Medikamente – Antiarrhythmika – blockieren dabei entweder sogenannte Ionenkanäle oder bestimmte Rezeptoren, die bei der Erregungsleitung eine wichtige Rolle spielen.
Dadurch wird die elektrische Herztätigkeit normalisiert und es kommt zu einer geordneten Kontraktion des Herzens. Man setzt die medikamentöse Kardioversion bei anfallartigem Vorhofflimmern ein, solange der Kreislauf noch erhalten ist.
Die folgenden Medikamente werden bei der medikamentösen Kardioversion eingesetzt:
- Flecainid, ein Antiarrhythmikum, blockiert Natriumkanäle am Herzen. Dadurch verlangsamt sich der Herzschlag.
- Propafenon, ebenfalls ein Antiarrhythmikum, wirkt wie Flecainid. Durch die Blockade der Natriumkanäle des Herzens verlangsamt sich Herzfrequenz.
- Amiodaron, ein Antiarrhythmikum, blockiert die Kaliumkanäle am Herzen. Dadurch verlängert sich die Zeit zwischen zwei Herzschlägen und in der Folge verlangsamt sich die Herzfrequenz.
- Ibutilid, ein Antiarrhythmikum, wirkt am Natrium-, Calcium- und Kaliumkanal am Herzen. Insgesamt verlangsamt es, wie die anderen Antiarrhythmika auch, die Herzfrequenz.
Wann führt man eine Kardioversion durch?
Ärzte wenden eine Kardioversion bei zu schnellen (tachykarden) Herzrhythmusstörungen an, insbesondere wenn dadurch zu wenig Blut in den Kreislauf gepumpt wird. Erkrankungen mit derartigen Rhythmusstörungen sind beispielsweise:
- Vorhofflimmern und Vorhofflattern
- Anderweitige Vorhoftachykardien
- WPW-Syndrom
- AV-Knoten-Reentry-Tachykardie (Dabei kreisen elektrische Impulse im AV-Knoten, da dieser hier zwei Leitungen hat, wodurch es zu plötzlichem Herzrasen mit Schwindel und Ohnmachtsanfällen kommen kann.)
- Kammertachykardien (Elektrische Impulse entstehen beispielsweise unkontrolliert in den Wänden der Herzkammern, die sich dadurch zu schnell zusammenziehen.)
Was macht man bei einer Kardioversion?
Die elektrische und die medikamentöse Kardioversion sollen beide eine tachykarde Herzrhythmusstörung beenden, unterscheiden sich aber wesentlich in ihrer Durchführung:
Elektrische Kardioversion
Vor einer geplanten elektrischen Kardioversion wird Sie Ihr behandelnder Arzt rechtzeitig aufklären und ein sogenanntes 12-Kanal-EKG schreiben. Außerdem schließt man Erkrankungen aus, die gegen eine Kardioversion sprechen, zum Beispiel eine Digitalis-Vergiftung, bestehende Blutgerinnsel oder eine Überfunktion der Schilddrüse (Hyperthyreose).
Drei bis vier Wochen vor der Kardioversion werden blutgerinnungshemmende Medikamente (Antikoagulantien) gegeben, um die Bildung von Blutgerinnseln (Thromben) zu verhindern. Zusätzlich untersucht der Arzt mithilfe einer speziellen Ultraschalluntersuchung, der transösophagealen Echokardiographie (TEE), einen bestimmten, besonders zur Thrombenbildung neigenden Teil des Herzens.
Die Kardioversion findet unter Kurznarkose statt. Dabei geben auf den Brustkorb geklebte Elektroden (Paddles) des sogenannten Kardioverters einen starken elektrischen Impuls ab. Die Stärke richtet sich nach der Erkrankung und ist zu Beginn niedriger als bei einer notfallmäßigen Defibrillation.
Das Gerät misst und erkennt zudem die eigentliche Herzaktion (anhand der R-Zacken im EKG). Es gibt den Impuls zeitgleich ab, also synchron mit der Herzaktion (synchrone Defibrillation). Dadurch vermeidet man Komplikationen wie Kammerflimmern oder schwere Kammertachykardien.
Anhand des EKGs, das meist schon am Gerät selbst zu sehen ist, beurteilt der Arzt, ob die elektrische Kardioversion erfolgreich war. Gegebenenfalls verabreicht er weitere „Schocks“ mit höherer Stärke oder spritzt zusätzlich Medikamente, die den Herzrhythmus normalisieren.
Wird die elektrische Kardioversion in einer Notfallsituation angewendet, orientiert sich die Abgabe des Impulses nicht am EKG. Die elektrische Energie wird sofort an das Herz abgegeben, weswegen man hier von einer asynchronen Defibrillation spricht.
Defibrillatoren
Wie man Defibrillatoren verwendet, und was Sie dabei beachten müssen, lesen Sie im Text Defibrillator.
Medikamentöse Kardioversion
Eine medikamentöse Kardioversion kommt meist nur dann in Betracht, wenn die Herzrhythmusstörungen vor nicht mehr als 48 Stunden begonnen haben. Sie kommt auch zum Einsatz, wenn Betroffene seit mindestens vier Wochen gerinnungshemmende Medikamente wie verordnet eingenommen haben, etwa aufgrund eines bekannten Vorhofflimmerns (das gilt auch für die elektrische Kardioversion).
Je nach Risiken oder Vorerkrankungen wählt Ihr Arzt das für Sie am besten geeignete Medikament aus. Dieses wird unter ärztlicher Aufsicht intravenös verabreicht und gleichzeitig wird ein EKG geschrieben, da es durch die Gabe zu einem verlangsamten Herzrhythmus oder Herzrhythmusstörungen kommen kann. Außerdem bekommen Sie blutgerinnungshemmende Medikamente zur Vorbeugung von Thrombosen.
Am häufigsten kommen Flecainid oder Propafenon zum Einsatz, die relativ schnell wirken und Erfolgsraten von 40 bis 60 Prozent haben. Amiodaron hat einen langsameren Wirkungseintritt und kann bei einer Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose) und Jodallergie nicht gegeben werden.
Flecainid als Antiarrhythmikum kann bei Herzgesunden, die unter bekanntem anfallartigem Vorhof-Herzrasen leiden, auch als Tablette zur Eigentherapie verschrieben werden („pill in the pocket“). Vor der Verordnung erhalten Betroffene eine ärztliche Schulung.
Welche Risiken birgt eine Kardioversion?
Folgende Komplikationen können im Rahmen einer Kardioversion auftreten:
- Gefäßverschlüsse durch bereits entstandene Blutgerinnsel (z.B. Schlaganfall)
- Lebensbedrohliche Herzrhythmusstörungen (z.B. Kammerflimmern)
- Sauerstoffmangel durch die Narkose bei elektrischer Kardioversion
- Verbrennungen und Rötungen durch die Elektroden
- Allergien gegen Medikamente
- Erneutes Auftreten der Beschwerden (Rezidiv)
Was muss ich nach einer Kardioversion beachten?
Direkt nach der Kardioversion (egal ob elektrisch oder medikamentös) sollten Sie für 24 Stunden nicht aktiv am Straßenverkehr teilnehmen.
Damit es nach einer erfolgreichen Kardioversion nicht zu erneuten Beschwerden kommt, verschreibt man Ihnen die gleichen Medikamente wie bei der medikamentösen Kardioversion oder sogenannte Betablocker.
Diese sorgen für einen Erhalt des Sinusrhythmus. Außerdem verordnet man gerinnungshemmende Medikamente gegen Blutgerinnsel (Thrombosen) für mindestens vier bis sechs Wochen. Denn nach einer Kardioversion zum normalen Rhythmus ist das Risiko für Blutgerinnsel durch den veränderten Blutfluss besonders hoch.
Autoren- & Quelleninformationen
Jetzt einblenden
Datum :
Wissenschaftliche Standards:
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.
Autor:
Valeria Dahm
Valeria Dahm ist freie Autorin in der NetDoktor-Medizinredaktion. Sie studierte an der Technischen Universität München Medizin. Besonders wichtig ist ihr, dem neugierigen Leser Einblick in das spannende Themengebiet der Medizin zu geben und gleichzeitig inhaltlichen Anspruch zu wahren.
Mehr über die netDoktor-Experten
Quellen:
- Balletshofer, B.: Herz und Gefäße, Thieme-Verlag, 1. Auflage, 2006
- Erdmann, E.: Klinische Kardiologie: Krankheiten des Herzens, des Kreislaufs und der herznahen Gefäße, Springer-Verlag, 8. Auflage, 2011
- Gelbe Liste, unter www.gelbe-liste.de (Abrufdatum: 18.11.2023)
- German Cardiac Society, European Society of Cardiology: ESC Pocket Guidelines, Leitlinien für das Management von Vorhofflimmern (Stand: 2016)
- Reisinger, J. et Siotrzonek, P.: Kardioversion von Vorhofflimmern und -flattern, in: Journal of Cardiology 2005; 12 (Supplementum A – Forum Rhythmologie); 3-11
- S3-Leitlinie zu Infarkt-bedingter kardiogener Schock – Diagnose, Monitoring und Therapie, Stand: 2020, unter: www.register.awmf.org (Abrufdatum: 18.11.2023)
- Trappe, H.: Vorhofflimmern – Gesichertes und Neues, Deutsches Ärzteblatt International 2012; 109(1-2): 1-7; doi: 10.3238/arztebl.2012.0001
- Van Aken, H.: Intensivmedizin, Thieme-Verlag, 2007